Bei Roboti liebt gibt es jeden Dienstag die Helden des Alltags. Diesmal bin ich auch wieder dabei und mein Held heute ist definitiv Thomas. Er ist ein Freund von mir und lebt seit einigen Jahren mit der Krankheit Friedreich Ataxie (FA):
Als ich mich damals verliebte hatte ich zwar gehört, dass "der Typ" krank sein soll, mir aber weiter keine Gedanken gemacht. Wo die Liebe hinfällt und so....kennt ihr vielleicht. Als unsere Gespräche zu dem Thema sich vertieften, musste ich anfangen, mir detailliertere Gedanken zu machen, über die Krankheit, die Zukunft und Co. Denn: Mein damaliger Freund hatte die Diagnose Friedreich Ataxie (FA). Für mich absolutes Neuland. Ich hatte noch NIE davon gehört. Bei meinen Internetrecherchen bin ich damals auf Thomas gestoßen. Einer der wenigen, die mir damals auf meine Email geantwortet hat. Heute möchte ich Euch daher sowohl Thomas als auch die Krankheit FA vorstellen. Thomas wird mir dabei ein wenig behilflich sein und ich freue mich, dass er sich bereit erklärt hat. Also los:
Hallo Thomas! Ich finde es super, dass Du Dich bereit erklärst, den Lesern ein paar Fragen zu Deiner Krankheit zubeantworten. Wie fandst Du die Idee? Ganz ehrlich?
Ich war etwas überrascht von Deiner Frage, habe aber ohne Zögern zugesagt. Das bietet mir ja vielleicht auch die Gelegenheit für ein paar Erkenntnisse. Man setzt sich ja nicht oft hin und beantwortet so relativ persönliche Fragen. Wie schwer oder leicht mir das fallen wird, werden wir sehen. Deine erste Email hast Du mir übrigens am 02.06.2008 geschickt. Ich hab die noch im Archiv. Du hattest die Emailadresse aus meinem Profil eines Forums und ich habe noch am selben Tag geantwortet.
Ich war etwas überrascht von Deiner Frage, habe aber ohne Zögern zugesagt. Das bietet mir ja vielleicht auch die Gelegenheit für ein paar Erkenntnisse. Man setzt sich ja nicht oft hin und beantwortet so relativ persönliche Fragen. Wie schwer oder leicht mir das fallen wird, werden wir sehen. Deine erste Email hast Du mir übrigens am 02.06.2008 geschickt. Ich hab die noch im Archiv. Du hattest die Emailadresse aus meinem Profil eines Forums und ich habe noch am selben Tag geantwortet.
Vielleicht kannst Du Dich den Lesern kurz vorstellen? Hast Du auch ein Bild von Dir?
Ich bin 38 Jahre und wohne in Tauberbischofsheim. Beruflich bin im Vertrieb vontechnischen Komponenten
für die für Lüftungs- und Klimatechnik tätig.
für die für Lüftungs- und Klimatechnik tätig.
Für alle, die so gar keine Ahnung von FA haben, so wie ich damals.
Kannst Du kurz und knapp erklären, was das ist?
Kannst Du kurz und knapp erklären, was das ist?
Da stellst Du direkt zu Beginn die wohl schwierigste Frage. Die Friedreich-Ataxie ist eine neurologische Erkrankung mit sehr vielfältigen Symptomen und die wohl häufigste erbliche Ataxie. In Deutschland geht man von einer Häufigkeit von 50.000:1 aus. Auf 50.000 Geburten kommt also ein Fall. In erster Linie kommt es zu Sensibilitäts- und Koordinationsstörungen. Die genaue Ursache zu beschreiben fällt mir schwer, da ich wirklich kein Experte in Genetik bin. Tatsache ist, dass kaum ein Mensch eine perfekte DNS hat. In diesem "Bauplan" gibt es eigentlich immer Fehler, die mehr oder weniger folgenreich sind. Die bekannteste dieser Mutationen ist sicherlich die Trisomie 21, bei der ein Chromosom dreifach vorliegt. Bei der FA kommt es zur Wiederholung eines Tripletts auf dem Gen 9. Ab ca. 80 Wiederholungen tritt die Erkrankung auf. Ich meine, dass die Anzahl der Wiederholungen bei meiner Gendiagnose mit 750-1400 rechtungenau angegeben war. Statistiken gehen davon aus, dass etwa jeder 100. Mensch Mutationsträger ist. Da die FA autosomal-rezessiv vererbt wird, besteht eine 25%-ige Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind zweier Mutationsträger die Erbkrankheit tatsächlicherbt. Prinzipiell fällt es mir schwer, die FA als Krankheit oder Erkrankung zu bezeichnen und zu betrachten, denn im allgemeinen Verständnis ist eine Krankheit eine vorübergehende gesundheitliche Einschränkung. Dies gilt ja für die FA aus heutiger Sicht nicht.Das ist eben keine Grippe, die nach einer Woche wieder weg ist. Aber das ist mein ganz persönliches Empfinden.
Du hast mir damals erzählt, dass die Zeit vor der Diagnose unerträglich war, weil man
nicht wusste, was mit einem los ist. War die Diagnose dann eher eine "Erleichterung"?
nicht wusste, was mit einem los ist. War die Diagnose dann eher eine "Erleichterung"?
Eine Erleichterung war es wirklich nicht und die erste Zeit war schon hart. Die Diagnose gab aber eine
Gewissheit und Klarheit. Zweifel (auch an mir selbst) waren beseitigt und es ergab sich die Möglichkeit,
damit umzugehen. Ich betrachte es inzwischen so, dass ich nun mehr Möglichkeiten habe, mein
Leben auf diese speziellen Umstände einzurichten. Zudem konnte ich den wenigen Menschen, die mich
auf meinen auffälligen Gang ansprachen, zumindest eine ungefähre Erklärung geben. Das Schulterzucken
bis dahin war für niemanden zufriedenstellend. Ich hatte auch irgendwann angefangen, mich zu fragen,
ob ich mir das alles nur einbilde oder einrede, da ich lange Zeit ergebnislos von Arzt zu Arzt rannte.
Andererseits wurde die naiveHoffnung, eines Morgens aufzuwachen und festzustellen, dass alles ein
schlechter Traum war, durch die Diagnose zerstört.
Gewissheit und Klarheit. Zweifel (auch an mir selbst) waren beseitigt und es ergab sich die Möglichkeit,
damit umzugehen. Ich betrachte es inzwischen so, dass ich nun mehr Möglichkeiten habe, mein
Leben auf diese speziellen Umstände einzurichten. Zudem konnte ich den wenigen Menschen, die mich
auf meinen auffälligen Gang ansprachen, zumindest eine ungefähre Erklärung geben. Das Schulterzucken
bis dahin war für niemanden zufriedenstellend. Ich hatte auch irgendwann angefangen, mich zu fragen,
ob ich mir das alles nur einbilde oder einrede, da ich lange Zeit ergebnislos von Arzt zu Arzt rannte.
Andererseits wurde die naiveHoffnung, eines Morgens aufzuwachen und festzustellen, dass alles ein
schlechter Traum war, durch die Diagnose zerstört.
Die Krankheit verläuft aber bei jedem anders, oder? Was waren die ersten Anzeichen bei
Dir uns was hat sich von damals bis heute bei Dir verändert? Wie lebst Du?
Dir uns was hat sich von damals bis heute bei Dir verändert? Wie lebst Du?
Nach meiner Erfahrung ist es tatsächlich so, dass man die Krankheitsbilder zweier FAler kaum miteinander vergleichen
kann. Im Rahmen einer Medikamentenstudie vor 4 Jahren habe ich zum Beispiel Kinder kennengelernt, die nie richtig laufen gelernt haben. Einige hatten Wirbelsäulenverkrümmungen, die teilweise operativ korrigiert werden mussten. Es ist tatsächlich so, dass verschiedene andere Symptome im Zusammenhang mit der Friedreich-Ataxie auftreten können. Dazu gehören z.B. Diabetes, Wirbelsäulendeformierungen, Sprach- und Hörstörungen und eine Herzmuskelverdickung. Speziell die Herzmuskelverdickung kann die Lebenserwartung begrenzen. Laut allen Untersuchungen betrifft mich dies aber nicht.
Ich hab natürlich irgendwann auch meine Wohnsituation entsprechen ändern müssen. Das ergab sich aber zu einer Zeit, als in meinem Freundeskreis öfters gefragt wurde, ob ich nicht mal nach Tauberbischofsheim ziehen will. Es hatte sich so ergeben, dass mein soziales Leben dort stattfand, obwohl ich ca. 30km entfernt wohnte. Die Wohnungssuche gestaltete sich etwas schwierig, denn eine Dachgeschosswohnung kam für mich logischerweise nicht in Frage. Nach ca. 1 Jahr brachte dann eine von mir aufgegebene Suchanzeige den Erfolg. Ich fand eine 2-Zimmer-Wohnung. Dass die Wohnung im 1.OG liegt ist kein Problem, denn es gibt neben einer Tiefgarage auch einen Aufzug. Dafür dass es keine explizit barrierefreie Wohnung ist, passt alles wunderbar. Klar, im Haushalt brauche ich Hilfe. Das wäre allein zu umständlich und zeitraubend. Wenn mal ein Bild aufzuhängen ist oder die Balkonmöbel eingemottet werden müssen, bekomme ich immer Hilfe. An dieser Stelle möchte ich auch mal meinen lieben Freunden DANKE!! sagen :-)
kann. Im Rahmen einer Medikamentenstudie vor 4 Jahren habe ich zum Beispiel Kinder kennengelernt, die nie richtig laufen gelernt haben. Einige hatten Wirbelsäulenverkrümmungen, die teilweise operativ korrigiert werden mussten. Es ist tatsächlich so, dass verschiedene andere Symptome im Zusammenhang mit der Friedreich-Ataxie auftreten können. Dazu gehören z.B. Diabetes, Wirbelsäulendeformierungen, Sprach- und Hörstörungen und eine Herzmuskelverdickung. Speziell die Herzmuskelverdickung kann die Lebenserwartung begrenzen. Laut allen Untersuchungen betrifft mich dies aber nicht.
Ich hab natürlich irgendwann auch meine Wohnsituation entsprechen ändern müssen. Das ergab sich aber zu einer Zeit, als in meinem Freundeskreis öfters gefragt wurde, ob ich nicht mal nach Tauberbischofsheim ziehen will. Es hatte sich so ergeben, dass mein soziales Leben dort stattfand, obwohl ich ca. 30km entfernt wohnte. Die Wohnungssuche gestaltete sich etwas schwierig, denn eine Dachgeschosswohnung kam für mich logischerweise nicht in Frage. Nach ca. 1 Jahr brachte dann eine von mir aufgegebene Suchanzeige den Erfolg. Ich fand eine 2-Zimmer-Wohnung. Dass die Wohnung im 1.OG liegt ist kein Problem, denn es gibt neben einer Tiefgarage auch einen Aufzug. Dafür dass es keine explizit barrierefreie Wohnung ist, passt alles wunderbar. Klar, im Haushalt brauche ich Hilfe. Das wäre allein zu umständlich und zeitraubend. Wenn mal ein Bild aufzuhängen ist oder die Balkonmöbel eingemottet werden müssen, bekomme ich immer Hilfe. An dieser Stelle möchte ich auch mal meinen lieben Freunden DANKE!! sagen :-)
Damals warst Du noch "zu Fuß" unterwegs, heute mit dem "Rolli". Mit dem"Rolli" fragt
vermutlich selten jemand, was mit Dir los ist. Aber damals, da bist Du ja laut eigener Aussage
gelaufen wie besoffen. wie haben die Leute darauf reagiert? Und welche Reaktion hättest Du Dir
gewünscht?
vermutlich selten jemand, was mit Dir los ist. Aber damals, da bist Du ja laut eigener Aussage
gelaufen wie besoffen. wie haben die Leute darauf reagiert? Und welche Reaktion hättest Du Dir
gewünscht?
Ja, zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens war ich noch Fußgänger. Es hat auch sehr lange gedauert bis ich zu der Erkenntnis gelangt bin, dass der Rolli eine Erleichterung oder vielmehr eine Erweiterung meiner bis dahin immer eingeschränkteren Mobilität sein kann. Zudem war die Gefahr eines Sturzes recht hoch und somit war der Rolli auch eine Erhöhung der Sicherheit. Heute bin ich immer mit dem Rolli unterwegs. Ich finde es nach wie vor immer sehr irritierend, wenn wildfremde Menschen auf mich zukommen und es „ganz toll finden“, dass ich auch „hier“ (jeweiliger Ort, Konzert, Bar, Club usw.) bin. Für mich ist das normal, aber für die meisten anderen nicht und in diesen Situationen bekommt man das noch deutlicher gezeigt als sonst. Andererseits ist es natürlich auch nicht ganz einfach, denn viele Orte sind nicht barrierefrei zu erreichen. Das beginnt mit Stufen und Treppen am Eingang und endet bei unerreichbaren Toiletten. Ich kann mal aus dem Rolli raus und so die Stufen überwinden, aber das können nicht alle Rollifahrer. Es gibt in Deutschland 1,6 Millionen Rollstuhlfahrer, das sind fast 2% der Bevölkerung. Wer sich fragt, wo die sind, überlegt sich beim nächsten Ausflug, Kneipen- oder Clubbesuch (inklusive Gang zur Toilette) mal, wie man dort mit einem Rollstuhl zurechtkommen würde. Das wird die Frage beantworten.
Ich kann nicht pauschal sagen, welche Reaktionen ich mir wünsche. Es
ist eben nicht jeder Tag gleich und ich hab
auch mal bessere und mal schlechtere Laune. Es gibt Tage, an denen ich meine Witze darüber mache und es gibt
Tage, an denen andere auch Witze darüber machen und ich grad gar nicht lachen kann. Da muss ich dann eben
durch. Es kann ja niemand wissen, was meine Laune grad zulässt und die bösen Witze, die ich mache, dürfen
meine Freunde auch immer machen. Ich weiß nicht, ob mir irgendwie das Gefühl zu vermitteln ist, „normal“ zu sein.
Dafür ist alles zu besonders. Zum Beispiel, wenn sich alle stehend unterhalten und man „eine Etage tiefer“ sitzt und
nur die Hälfte mitkriegt. So ist das nun mal. Ich habe es mir nicht ausgesucht und an der Frage, was normal ist,
sollen sich andere zerreiben.
Mir hast Du damals sehr geholfen mit all Deinen Infos und wer weiß, konnten wir hiermit auch anderen
helfen....Wer Fragen hat kann sich gerne melden und ich stelle den Kontakt zu Thomas her.....
auch mal bessere und mal schlechtere Laune. Es gibt Tage, an denen ich meine Witze darüber mache und es gibt
Tage, an denen andere auch Witze darüber machen und ich grad gar nicht lachen kann. Da muss ich dann eben
durch. Es kann ja niemand wissen, was meine Laune grad zulässt und die bösen Witze, die ich mache, dürfen
meine Freunde auch immer machen. Ich weiß nicht, ob mir irgendwie das Gefühl zu vermitteln ist, „normal“ zu sein.
Dafür ist alles zu besonders. Zum Beispiel, wenn sich alle stehend unterhalten und man „eine Etage tiefer“ sitzt und
nur die Hälfte mitkriegt. So ist das nun mal. Ich habe es mir nicht ausgesucht und an der Frage, was normal ist,
sollen sich andere zerreiben.
Mir hast Du damals sehr geholfen mit all Deinen Infos und wer weiß, konnten wir hiermit auch anderen
helfen....Wer Fragen hat kann sich gerne melden und ich stelle den Kontakt zu Thomas her.....
Eure Chaos Queen
Ich habe heute das erste Mal von dieser Krankheit gelesen. Schön wie offen und stark Thomas ist! Ein echter Held!
AntwortenLöschenNa da bin ich froh, dass mein Artikel scheinbar doch ein wenig aufklären konnte....!
LöschenIch finde es eine tolle Idee von dir, diese Krankheit auf diese Art und Weise zur Sprache zu bringen und toll von Thomas, dass er dir die Fragen so offen beantwortet hat. Ich hatte auch noch nie von dieser Krankheit gehört.
AntwortenLöschenViele Grüße
Andrea/miezeundmax
Man muss den Blog ja nicht immer nur für die "üblichen" Dinge nutzen. Dafür sind solche Sachen viel zu wichtig. Und ich erinner mich immer daran, wie wenig Ahnung ich damals davon hatte....Schön, wenn Dir der Beitrag gefällt.
LöschenIch finde es toll, dass du auf diese Art und Weise über diese mir völlig unbekannte Krankheit schreibst und toll von Thomas, dass der deine Fragen so offen und sympathisch beantwortet hat.
AntwortenLöschenVG
Andrea/miezeundmax
Sehr mutig von Thomas und sehr interessant zu lesen. Ich hatte davon auch noch nie gehört.
AntwortenLöschenLiebste Grüße zu dir :-)
Freut mich, dass wir hier etwas vermitteln konnten, was interessant und zugleich neu für Dich ist! GLG Jules
Löschenhallo, ich suche immer noch neuen infos über die krankheit. meine mutter hat die diagnose bekommen und nun beschäftigt mich das thema sehr. ich finde thomas sehr mutig.
AntwortenLöschenHallo! Mein Blog ist mittlerweile umgezogen auf www.chaosandqueen.de. Wenn Du magst, schreib mir doch eine Email an jule@chaosandqueen.de Gerne stelle ich den Kontakt zu Thomas her. Ich würde mich freuen, wenn ich "helfen" kann. LG
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